Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
11.02.2025
WirtschaftsKraft: Herr Klima, wie teuer ist ein Führerschein heutzutage?
Jochen Klima: Die Kosten sind regional unterschiedlich, nicht nur in Deutschland, sondern auch innerhalb Baden-Württembergs. In Mannheim ist der Führerschein günstiger als in Lörrach, weil die Lebenshaltungskosten dort höher sind. Der ADAC nennt einen Preisrahmen von 2.500 bis 3.500 Euro, das ist realistisch – manchmal wird es auch teurer.
WirtschaftsKraft: Hat sich der Führerschein zu einem Luxusgut entwickelt?
Jochen Klima: Nein, das sehe ich nicht so. Wäre der Führerschein unerschwinglich, würden wir es in den Fahrschulen merken. Natürlich sind die Kosten gestiegen, aber das betrifft viele Branchen. Vor allem staatliche Regulierungen haben zur Preissteigerung beigetragen. Die praktische Prüfung wurde von 45 auf 55 Minuten verlängert, wodurch die Ausbildung intensiver wurde. Zudem sind die Fahrzeugkosten explodiert: Werkstattpreise von 150 Euro pro Stunde schlagen sich auf die Versicherungskosten nieder. Dazu kommt, dass viele Fahrschulen Corona-Hilfen zurückzahlen müssen, die sich als Kredite entpuppt haben.
WirtschaftsKraft: Wie hat sich die Fahrausbildung im Vergleich zu früher verändert?
Jochen Klima: Viele Eltern unterschätzen die heutige Prüfung. Früher musste man einfach ein Auto sicher bewegen können, heute sind Assistenzsysteme wie Abstandsregeltempomat oder Einparkhilfen Teil der Ausbildung. Der Prüfer darf verlangen, dass Fahrschüler diese richtig bedienen. Zudem ist die Prüfung deutlich anspruchsvoller geworden: Es gibt mehr Theoriefragen (früher 800, heute 1.300), und statt statischer Bilder gibt es Video-Sequenzen, die situatives Verständnis erfordern.
Spielt der Fahrlehrermangel eine Rolle bei den Kosten?
Jochen Klima: Nicht direkt, aber er führt zu längeren Wartezeiten. Die Nachfrage ist hoch, und Fahrlehrer sind gefragte Fachkräfte. Höhere Gehaltsforderungen wirken sich langfristig auf die Preise aus.
WirtschaftsKraft: Was macht den Beruf des Fahrlehrers reizvoll?
Jochen Klima: Es ist ein abwechslungsreicher Beruf mit viel Eigenverantwortung. Man kann sich die Arbeitszeiten oft flexibel einteilen, was ihn z. B. für Mütter attraktiv macht. Zudem arbeitet man eng mit Menschen zusammen und hat einen direkten Einfluss auf ihre Verkehrssicherheit.
WirtschaftsKraft: Wie läuft die Ausbildung zum Fahrlehrer ab?
Jochen Klima: Sie dauert mindestens ein Jahr. Zuerst gibt es eine achtmonatige Vollzeitausbildung mit theoretischen und praktischen Prüfungen. Danach folgt eine Anwärterphase in einer Ausbildungsfahrschule, die zwischen vier Monaten und zwei Jahren dauert. Erst nach einer erfolgreichen Lehrprobe darf man eigenständig unterrichten.
WirtschaftsKraft: Wie wird sich die Fahrausbildung in Zukunft verändern?
Jochen Klima: Der Fahrlehrerberuf wird sich weiterentwickeln, insbesondere im Bereich Elektromobilität und autonomes Fahren. Auch wenn Fahrzeuge immer mehr Fahrfunktionen übernehmen, wird es Schulungen geben müssen – ähnlich wie Piloten im Flugsimulator trainieren. Zusätzlich wird Mobilitätsberatung an Bedeutung gewinnen: Wann lohnt sich das Auto, wann öffentliche Verkehrsmittel oder Park & Ride?
WirtschaftsKraft: Warum fallen heute mehr Fahrschüler durch die Prüfung?
Jochen Klima: Es gibt mehrere Faktoren: Junge Menschen haben oft weniger Mitfahrerfahrung, weil sie von ihren Eltern herumgefahren werden und sich dabei meist mit ihrem Handy beschäftigen. Sie erleben den Straßenverkehr weniger bewusst. Zudem wurde die Theorieprüfung anspruchsvoller, und viele Schüler setzen auf „Bulimie-Lernen“ – kurzfristiges Pauken, ohne nachhaltiges Verständnis.
WirtschaftsKraft: Der Begriff „Pflichtstunden“ ärgert sie, warum?
Jochen Klima: Viele reden von „Pflichtstunden“ in der Fahrausbildung – doch eigentlich gibt es sie gar nicht. Der Gesetzgeber schreibt in der Fahrschüler-Ausbildungsverordnung keine feste Anzahl an Fahrstunden für die Grundausbildung vor. Und das macht Sinn: Während manche Fahrschüler nach 15 Stunden sicher fahren, brauchen andere vielleicht 30 oder mehr. Erst wenn die Grundausbildung abgeschlossen ist, folgen die sogenannten „besonderen Ausbildungsfahrten“ – auch Sonderfahrten genannt. Dazu gehören fünf Stunden auf der Landstraße, vier auf der Autobahn und drei bei Nacht. Weil diese Fahrten oft als „Pflichtstunden“ bezeichnet werden, auch in den Medien, hat sich der Begriff fälschlicherweise eingebürgert.
WirtschaftsKraft: Haben sie noch etwas das Sie gerne ergänzen wollen?
Jochen Klima: Ja wir sind ja nicht nur im Fokus wegen der Kostensteigerung, sondern auch wegen der gestiegenen Nichtbestehungsquoten, sowohl bei der Theorie- als auch bei der Praxisprüfung. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass viele junge Menschen ohne ausreichende Mitfahrerfahrung in die Fahrschule kommen. Oft wird dies auf den ersten Blick missverstanden – schließlich werden sie ja von ihren Eltern oft gefahren. Doch während dieser Fahrten sitzen die Jugendlichen meist hinten und nutzen die Zeit eher für ihr Handy, statt aktiv die Verkehrssituation wahrzunehmen. Früher haben sie durch das Mitfahren viele Verkehrserfahrungen gesammelt, ohne es direkt zu merken, aber diese Art der passiven Teilnahme fehlt heute oft. Eltern können hier aktiv gegensteuern, indem sie ihre Kinder ab 15 oder 16 Jahren gezielt in das Autofahren einbeziehen. Statt sie nur hinten sitzen zu lassen und am Handy zu spielen, sollten sie vorne mitfahren und in die Fahrsituation eingebunden werden. So können sie das Verständnis für Verkehrsregeln und -verhalten aufbauen, was letztlich auch für die Fahrschule förderlich ist.
Das Interview führte Tanja Meckler
11.02.2025
WirtschaftsKraft: Herr Klima, wie teuer ist ein Führerschein heutzutage?
Jochen Klima: Die Kosten sind regional unterschiedlich, nicht nur in Deutschland, sondern auch innerhalb Baden-Württembergs. In Mannheim ist der Führerschein günstiger als in Lörrach, weil die Lebenshaltungskosten dort höher sind. Der ADAC nennt einen Preisrahmen von 2.500 bis 3.500 Euro, das ist realistisch – manchmal wird es auch teurer.
WirtschaftsKraft: Hat sich der Führerschein zu einem Luxusgut entwickelt?
Jochen Klima: Nein, das sehe ich nicht so. Wäre der Führerschein unerschwinglich, würden wir es in den Fahrschulen merken. Natürlich sind die Kosten gestiegen, aber das betrifft viele Branchen. Vor allem staatliche Regulierungen haben zur Preissteigerung beigetragen. Die praktische Prüfung wurde von 45 auf 55 Minuten verlängert, wodurch die Ausbildung intensiver wurde. Zudem sind die Fahrzeugkosten explodiert: Werkstattpreise von 150 Euro pro Stunde schlagen sich auf die Versicherungskosten nieder. Dazu kommt, dass viele Fahrschulen Corona-Hilfen zurückzahlen müssen, die sich als Kredite entpuppt haben.
WirtschaftsKraft: Wie hat sich die Fahrausbildung im Vergleich zu früher verändert?
Jochen Klima: Viele Eltern unterschätzen die heutige Prüfung. Früher musste man einfach ein Auto sicher bewegen können, heute sind Assistenzsysteme wie Abstandsregeltempomat oder Einparkhilfen Teil der Ausbildung. Der Prüfer darf verlangen, dass Fahrschüler diese richtig bedienen. Zudem ist die Prüfung deutlich anspruchsvoller geworden: Es gibt mehr Theoriefragen (früher 800, heute 1.300), und statt statischer Bilder gibt es Video-Sequenzen, die situatives Verständnis erfordern.
Spielt der Fahrlehrermangel eine Rolle bei den Kosten?
Jochen Klima: Nicht direkt, aber er führt zu längeren Wartezeiten. Die Nachfrage ist hoch, und Fahrlehrer sind gefragte Fachkräfte. Höhere Gehaltsforderungen wirken sich langfristig auf die Preise aus.
WirtschaftsKraft: Was macht den Beruf des Fahrlehrers reizvoll?
Jochen Klima: Es ist ein abwechslungsreicher Beruf mit viel Eigenverantwortung. Man kann sich die Arbeitszeiten oft flexibel einteilen, was ihn z. B. für Mütter attraktiv macht. Zudem arbeitet man eng mit Menschen zusammen und hat einen direkten Einfluss auf ihre Verkehrssicherheit.
WirtschaftsKraft: Wie läuft die Ausbildung zum Fahrlehrer ab?
Jochen Klima: Sie dauert mindestens ein Jahr. Zuerst gibt es eine achtmonatige Vollzeitausbildung mit theoretischen und praktischen Prüfungen. Danach folgt eine Anwärterphase in einer Ausbildungsfahrschule, die zwischen vier Monaten und zwei Jahren dauert. Erst nach einer erfolgreichen Lehrprobe darf man eigenständig unterrichten.
WirtschaftsKraft: Wie wird sich die Fahrausbildung in Zukunft verändern?
Jochen Klima: Der Fahrlehrerberuf wird sich weiterentwickeln, insbesondere im Bereich Elektromobilität und autonomes Fahren. Auch wenn Fahrzeuge immer mehr Fahrfunktionen übernehmen, wird es Schulungen geben müssen – ähnlich wie Piloten im Flugsimulator trainieren. Zusätzlich wird Mobilitätsberatung an Bedeutung gewinnen: Wann lohnt sich das Auto, wann öffentliche Verkehrsmittel oder Park & Ride?
WirtschaftsKraft: Warum fallen heute mehr Fahrschüler durch die Prüfung?
Jochen Klima: Es gibt mehrere Faktoren: Junge Menschen haben oft weniger Mitfahrerfahrung, weil sie von ihren Eltern herumgefahren werden und sich dabei meist mit ihrem Handy beschäftigen. Sie erleben den Straßenverkehr weniger bewusst. Zudem wurde die Theorieprüfung anspruchsvoller, und viele Schüler setzen auf „Bulimie-Lernen“ – kurzfristiges Pauken, ohne nachhaltiges Verständnis.
WirtschaftsKraft: Der Begriff „Pflichtstunden“ ärgert sie, warum?
Jochen Klima: Viele reden von „Pflichtstunden“ in der Fahrausbildung – doch eigentlich gibt es sie gar nicht. Der Gesetzgeber schreibt in der Fahrschüler-Ausbildungsverordnung keine feste Anzahl an Fahrstunden für die Grundausbildung vor. Und das macht Sinn: Während manche Fahrschüler nach 15 Stunden sicher fahren, brauchen andere vielleicht 30 oder mehr. Erst wenn die Grundausbildung abgeschlossen ist, folgen die sogenannten „besonderen Ausbildungsfahrten“ – auch Sonderfahrten genannt. Dazu gehören fünf Stunden auf der Landstraße, vier auf der Autobahn und drei bei Nacht. Weil diese Fahrten oft als „Pflichtstunden“ bezeichnet werden, auch in den Medien, hat sich der Begriff fälschlicherweise eingebürgert.
WirtschaftsKraft: Haben sie noch etwas das Sie gerne ergänzen wollen?
Jochen Klima: Ja wir sind ja nicht nur im Fokus wegen der Kostensteigerung, sondern auch wegen der gestiegenen Nichtbestehungsquoten, sowohl bei der Theorie- als auch bei der Praxisprüfung. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass viele junge Menschen ohne ausreichende Mitfahrerfahrung in die Fahrschule kommen. Oft wird dies auf den ersten Blick missverstanden – schließlich werden sie ja von ihren Eltern oft gefahren. Doch während dieser Fahrten sitzen die Jugendlichen meist hinten und nutzen die Zeit eher für ihr Handy, statt aktiv die Verkehrssituation wahrzunehmen. Früher haben sie durch das Mitfahren viele Verkehrserfahrungen gesammelt, ohne es direkt zu merken, aber diese Art der passiven Teilnahme fehlt heute oft. Eltern können hier aktiv gegensteuern, indem sie ihre Kinder ab 15 oder 16 Jahren gezielt in das Autofahren einbeziehen. Statt sie nur hinten sitzen zu lassen und am Handy zu spielen, sollten sie vorne mitfahren und in die Fahrsituation eingebunden werden. So können sie das Verständnis für Verkehrsregeln und -verhalten aufbauen, was letztlich auch für die Fahrschule förderlich ist.
Das Interview führte Tanja Meckler
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