Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
18.06.2024
von Claudia Keller
„Wir leben in herausfordernden Zeiten“, sagte Carl Christian Hirsch von der IHK Nordschwarzwald bei der Begrüßung der Teilnehmerinnen. „Wir alle spüren im Moment, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland herausgefordert wird.“ Seit Jahren sei vom demografischen Wandel die Rede. „Wirtschaftswachstum ist nicht möglich, weil es an Fachkräften mangelt“, stellte er fest. Hirsch erklärte, dass die IHK Nordschwarzwald bereits seit 2016 Trägerin des Förderprojekts Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald ist. Seither wurden Frauen dabei unterstützt, mit Unternehmen zusammenzukommen und wichtige Lebensentscheidungen zu treffen.
Ines Wolf-Vetter, Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf betonte, dass das neue Format den Unternehmerinnen Ansätze zur Gestaltung des Arbeitsumfelds geben soll, sowie den Teilnehmerinnen des zugehörigen dreiteiligen Workshops einen gestärkten Blick auf ihre persönlichen Fähigkeiten. „Wir wollen Transparenz und Bewusstsein schaffen für Frauen- und Familienfreundliche Themen sowie Arbeitsumfelder“, sagte sie. Dabei hob sie hervor, dass die Erhöhung der Arbeitszeiten von Frauen eines der größten Potentiale sei, um der Zukunft gerecht zu werden. „Wir sprechen von 40 Prozent des Fachkräftemangels, den wir damit abdecken können“, sagte Wolf-Vetter.
Referentin Annika Theobald, Vorständin bei subject:RESOUL AG, stellte ihren Impulsvortrag unter das Motto „Zukunftsfrauen – Stärken und Nutzen der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten“. „Die Entfachung weiblicher Potentiale ist für mich ein großes Herzensthema“, sagte sie. „Mein Spezialgebiet ist die Weiterentwicklung und Förderung, weiblicher Führungskräfte, weil ich da einen extremen Hebel sehe, wie wir Strukturen in Organisationen verändern können.“ Das Thema Gleichberechtigung sah Theobald als komplexes, ständig im Wandel befindliches Thema. Sie führte eine Studie an, die prognostizierte, dass die wirtschaftliche Gleichstellung von Männern und Frauen in Deutschland erst in 257 Jahren eintrete.
Die Referentin führte vor Augen, dass bei der Betreuung des Nachwuchses Fähigkeiten wie Kommunikation, Teamwork, Organisationsfähigkeit, Lösungsorientierung, Priorisierung und Zeitmanagement sowie Empathie und Belastbarkeit gefördert werden. „Kompetenzen und Fähigkeiten von Müttern, die wir in der Elternzeit weiter vertiefen, sind profunde Fähigkeiten, die wir im Arbeitsalltag brauchen“, stellte Theobald fest. Dass die meisten Mütter in den ersten acht bis zehn Lebensjahren ihrer Kinder in Teilzeit zurück in den Beruf gehen, bezeichnete Sie als „Teilzeitfalle“, denn das bedeute, dass die Frauen weniger verantwortungsvolle Aufgaben übertragen bekommen und dadurch auch geringere Aufstiegschancen haben. Als weiteres Hindernis für Mütter machte sie die Präsenzkultur aus. „Anwesenheit wird immer noch mit Leistung gleichgesetzt“, sagte Theobald mit Blick auf Arbeit im Homeoffice. Eine weitere Herausforderung die wenig Anerkennung finde, sei die sogenannte Extrameile, also das, was Frauen leisten müssen, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Zu den Maßnahmen, die Müttern mehr Chancen in Unternehmen bieten, zählte sie unter anderem flexible Arbeitsstrukturen, die vollzeitnahes Arbeiten ermöglichen, die Leistungsbewertung nach Ergebnissen und nicht nach Anwesenheit, die zeitliche Abstimmung der Meetings auf Betreuungszeiten oder die lebensphasenorientierte Karriereplanung.
Im anschließenden Podiumsgespräch war Andrea Matt zu Gast, die seit fünfeinhalb Jahren Inhaberin der Liebenzeller Marzipan und Schokoladen Manufaktur ist. „Es gibt keine Gleichberechtigung, zumindest nicht in Konzernen“, berichtete sie über ihre früheren Erfahrungen als angestellte Führungskraft. Matt erklärte, dass sie in ihrem Unternehmen eine Fachkraft nicht nach ihrer speziellen Ausbildung definiere, sondern eher die Entwicklung der Person in ihrem Aufgabengebiet sehe. Schnell entwickelte sich eine rege Diskussion, in der die Zuhörerinnen ihre eigenen Erfahrungen und Ansichten teilten. Dabei ging es auch um die Frage, ob es für die Frauen individueller Lösungen bedarf oder ob es sich eher um ein strukturelles Problem in der Gesellschaft handelt, das Unterstützung aus der Politik benötigt. „Je mehr Frauen wir stärken können, umso größer ist die Chance, das Frauen aufstehen und an der strukturellen Thematik arbeiten“, fasste eine Teilnehmerin treffend zusammen.
18.06.2024
„Kompetenzen und Fähigkeiten von Müttern, die wir in der Elternzeit weiter vertiefen, sind profunde Fähigkeiten, die wir im Arbeitsalltag brauchen."
von Claudia Keller
„Wir leben in herausfordernden Zeiten“, sagte Carl Christian Hirsch von der IHK Nordschwarzwald bei der Begrüßung der Teilnehmerinnen. „Wir alle spüren im Moment, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland herausgefordert wird.“ Seit Jahren sei vom demografischen Wandel die Rede. „Wirtschaftswachstum ist nicht möglich, weil es an Fachkräften mangelt“, stellte er fest. Hirsch erklärte, dass die IHK Nordschwarzwald bereits seit 2016 Trägerin des Förderprojekts Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald ist. Seither wurden Frauen dabei unterstützt, mit Unternehmen zusammenzukommen und wichtige Lebensentscheidungen zu treffen.
Ines Wolf-Vetter, Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf betonte, dass das neue Format den Unternehmerinnen Ansätze zur Gestaltung des Arbeitsumfelds geben soll, sowie den Teilnehmerinnen des zugehörigen dreiteiligen Workshops einen gestärkten Blick auf ihre persönlichen Fähigkeiten. „Wir wollen Transparenz und Bewusstsein schaffen für Frauen- und Familienfreundliche Themen sowie Arbeitsumfelder“, sagte sie. Dabei hob sie hervor, dass die Erhöhung der Arbeitszeiten von Frauen eines der größten Potentiale sei, um der Zukunft gerecht zu werden. „Wir sprechen von 40 Prozent des Fachkräftemangels, den wir damit abdecken können“, sagte Wolf-Vetter.
Referentin Annika Theobald, Vorständin bei subject:RESOUL AG, stellte ihren Impulsvortrag unter das Motto „Zukunftsfrauen – Stärken und Nutzen der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten“. „Die Entfachung weiblicher Potentiale ist für mich ein großes Herzensthema“, sagte sie. „Mein Spezialgebiet ist die Weiterentwicklung und Förderung, weiblicher Führungskräfte, weil ich da einen extremen Hebel sehe, wie wir Strukturen in Organisationen verändern können.“ Das Thema Gleichberechtigung sah Theobald als komplexes, ständig im Wandel befindliches Thema. Sie führte eine Studie an, die prognostizierte, dass die wirtschaftliche Gleichstellung von Männern und Frauen in Deutschland erst in 257 Jahren eintrete.
Die Referentin führte vor Augen, dass bei der Betreuung des Nachwuchses Fähigkeiten wie Kommunikation, Teamwork, Organisationsfähigkeit, Lösungsorientierung, Priorisierung und Zeitmanagement sowie Empathie und Belastbarkeit gefördert werden. „Kompetenzen und Fähigkeiten von Müttern, die wir in der Elternzeit weiter vertiefen, sind profunde Fähigkeiten, die wir im Arbeitsalltag brauchen“, stellte Theobald fest. Dass die meisten Mütter in den ersten acht bis zehn Lebensjahren ihrer Kinder in Teilzeit zurück in den Beruf gehen, bezeichnete Sie als „Teilzeitfalle“, denn das bedeute, dass die Frauen weniger verantwortungsvolle Aufgaben übertragen bekommen und dadurch auch geringere Aufstiegschancen haben. Als weiteres Hindernis für Mütter machte sie die Präsenzkultur aus. „Anwesenheit wird immer noch mit Leistung gleichgesetzt“, sagte Theobald mit Blick auf Arbeit im Homeoffice. Eine weitere Herausforderung die wenig Anerkennung finde, sei die sogenannte Extrameile, also das, was Frauen leisten müssen, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Zu den Maßnahmen, die Müttern mehr Chancen in Unternehmen bieten, zählte sie unter anderem flexible Arbeitsstrukturen, die vollzeitnahes Arbeiten ermöglichen, die Leistungsbewertung nach Ergebnissen und nicht nach Anwesenheit, die zeitliche Abstimmung der Meetings auf Betreuungszeiten oder die lebensphasenorientierte Karriereplanung.
Im anschließenden Podiumsgespräch war Andrea Matt zu Gast, die seit fünfeinhalb Jahren Inhaberin der Liebenzeller Marzipan und Schokoladen Manufaktur ist. „Es gibt keine Gleichberechtigung, zumindest nicht in Konzernen“, berichtete sie über ihre früheren Erfahrungen als angestellte Führungskraft. Matt erklärte, dass sie in ihrem Unternehmen eine Fachkraft nicht nach ihrer speziellen Ausbildung definiere, sondern eher die Entwicklung der Person in ihrem Aufgabengebiet sehe. Schnell entwickelte sich eine rege Diskussion, in der die Zuhörerinnen ihre eigenen Erfahrungen und Ansichten teilten. Dabei ging es auch um die Frage, ob es für die Frauen individueller Lösungen bedarf oder ob es sich eher um ein strukturelles Problem in der Gesellschaft handelt, das Unterstützung aus der Politik benötigt. „Je mehr Frauen wir stärken können, umso größer ist die Chance, das Frauen aufstehen und an der strukturellen Thematik arbeiten“, fasste eine Teilnehmerin treffend zusammen.
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