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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Friedrich Binder GmbH & Co. KG

Das Familienunternehmen BINDER produziert seit 112 Jahren im baden-württembergischen Mönsheim Ketten. Es wird heute noch in vierter und fünfter Generation der Gründerfamilie geführt. BINDER zählt heute zu einem der größten Kettenhersteller in Deutschland.
BINDER-Areal im baden-württembergischen Mönsheim. Foto: BINDER

von Tanja Meckler

Aus dem Schmelzofen fließt ein feuriger, glühend heißer, gelblicher Strahl. Mit leuchtenden Augen und verzücktem Gesicht beobachtet Nick Binder das Ausgießen des flüssigen Goldes. In der Produktion, mit ihren vielen einzelnen Schritte in der Kettenherstellung, ist das definitiv einer seiner Lieblingsmomente.

Das flüssige Gold begeistert mich immer wieder, das ist ein magischer Moment, wenn es in den Schmelztiegel fließt. Auch spannend finde ich die Kettenmaschinen, die mit einem melodischen Klick-Klack im perfekten Takt den Draht zu einer Kette formen.

Nick Binder, Marketingchef bei BINDER

Nick Binder gehört der fünften Generation der Schmuckfabrikantenfamilie Binder an. Das Familienunternehmen produziert seit 112 Jahren im baden-württembergischen Mönsheim Ketten. Es wird noch heute in vierter und fünfter Generation von der Gründerfamilie geführt. BINDER zählt heute zu einem der größten Kettenhersteller in Deutschland. Die Manufaktur ist deutschlandweit auch der größte Produzent im Bereich von Creolen. Pro Tag werden an der Leonberger Straße in Mönsheim mehrere dutzend Kilo Edelmetall, der Großteil davon ist Silber, verarbeitet. Jährlich entstehen hier 600.000 Paar Creolen, in den unterschiedlichsten Varianten. Die insgesamt produzierte Kettenlänge pro Jahr beläuft sich auf stolze 3.000 Kilometer. Das ist ungefähr die Strecke von Madrid nach Oslo. Es sind Ketten für den Luxusbereich bis hin zu simplen Schmuckketten, die eine reine Tragefunktion haben. Die Schmuckstücke sind weltweit gefragt. Das vom Responsible Jewellery Council zertifizierte Unternehmen exportiert heute in über 50 Länder.

Weitere Infos hierzu finden Sie unter dem folgenden Link:

Das Kerngeschäft bezieht sich auf Markenkunden und den Großhandel. Von der Zusammensetzung des Rohmaterials, übers Drahtziehen bis hin zum fertigen Collier, jeder einzelne Produktionsschritt wird im Hause BINDER selbst durchgeführt. „Das FBM-Gütesiegel kennen viele in der Branche“, sagt Inhaber Kai-F. Binder.

Inhaber Kai-F. Binder. Foto: Thomas Meyer, Pforzheimer Zeitung

Seit einem Jahr ist sein Sohn Nick für den Marketingbereich zuständig. Genau wie sein Vater, hat er um die schnöden Gummibänder seiner FFP-2 Maske feingliedrige Ketten, natürlich aus Eigenproduktion, befestigt. So kann er die Maske auch mal lässig um den Hals tragen und muss sie nicht in die Hosentasche stopfen. „Unsere Ketten sind wirklich vielseitig einsetzbar“, erzählt Nick lachend. Im Hintergrund rattern die Maschinen und verströmen einen melodischen Sound. Sie drehen und biegen aus Draht erstmals erkennbare Ketten.

Mehr als 1000 verschiedene Kettenvarianten werden bei BINDER produziert und dafür braucht es viele Spezialmaschinen, für fast jeden Kettentyp eine.

Die Kettenmaschine biegt und formt die einzelnen Kettenglieder. Foto: Thomas Meyer, Pforzheimer Zeitung

Das Unternehmen verfügt über einen hauseigenen Maschinenpark, hier werden zum Beispiel auch Ersatzteile gefertigt. Manche Maschinen laufen 24 Stunden durch und sollte einmal etwas kaputt gehen, ist Schnelligkeit gefragt.

Diverse Werkzeuge. Foto: BINDER

Da sich aber auch der Schmuck immer weiterentwickelt, muss sich die Leistung der Maschinen den wachsenden Anforderungen ständig anpassen. Einige der Maschinen aus den Anfangszeiten lassen sich heute im Technikmuseum Pforzheim bestaunen. Das Unternehmen verfügt über eine sehr hohe Fertigungstiefe, auch mit modernsten Techniken, wie CNC-Bearbeitung und Lasertechnologie.

In den heiligen Hallen in der Leonberger Straße herrscht indessen emsiges Treiben. Die genaue Zusammensetzung der verschiedenen Legierungen und auch die Herstellung der Gold- und Silberdrähte sind wohlgehütete Betriebsgeheimnisse. „Die Herstellung einer Kette ist eine Wissenschaft für sich“, meint Nick Binder schmunzelnd.

Auch das Drahtziehen ist eine Wissenschaft für sich und erfolgt inhouse. Foto: BINDER
(vlnr): Nick Binder, Kai-F. Binder und Matthias Heimberg. Foto: Thomas Meyer, Pforzheimer Zeitung

Eine Schmuckkette ist ein hübscher, attraktiver Anblick. Wer eine Kette von BINDER in den Händen hält, ahnt meist nicht, wie viele Arbeitsschritte und Know-how bis zu ihrer Entstehung notwendig sind. Ein Meter Kugelkette besteht zum Beispiel aus 1000 Teilen. „Alles beginnt natürlich mit dem Schmelzen der Legierung, dann Gießen, Drahtziehen, Glühen, Kettenmaschine, Variantenherstellung, Löten, Facettieren, Finieren, Lasern, Oberflächenbearbeitung, Polieren, bis das Schmuckstück dann irgendwann in der Qualitätskontrolle landet. Man darf aber auch die ganzen anderen Tätigkeiten nicht vergessen: Kundenservice, Labor, IT, Buchhaltung, People & Culture, Marketing, Logistik, Lager usw. Da stecken schon viele Menschen dahinter, die für die Herstellung einer Kette in irgendeiner Form notwendig sind“, erzählt Nick Binder.

Den Grundstein für die Schmuckfertigung in Mönsheim, die heute ihre Ketten und Creolen in die ganze Welt verschickt, wurde von Nicks Ur-Urgroßvater Friedrich Binder gelegt. Als 14-jähriger beginnt er 1888 eine Lehre zum Kettenmacher in Pforzheim. Als Geselle zieht es ihn nach alter Tradition in die Ferne. Für sechs Jahre begibt er sich auf Wanderschaft durch ganz Europa. Zurück in Mönsheim arbeitet er zunächst acht Jahre in einer eigenen, einfachen Werkstatt. Weil er sparsam lebte und gut wirtschaftete, konnte er im Jahre 1910 die Filiale einer Pforzheimer Goldwaren Firma käuflich erwerben. In der Leonberger Straße gründete er die Kettenmanufaktur FBM. 15 Mitarbeitende waren es anfangs. Es war der Beginn einer Erfolgsstory, die bis heute anhält und die sich der damalige Gründer wahrscheinlich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen konnte. Das Gründungshaus ist immer noch fester Bestandteil im deutlich gewachsenen Unternehmenspark. Die verschiedenen Abteilungen verteilen sich labyrinthartig über mehrere Etagen und Gebäude. Man braucht einen guten Orientierungssinn, um sich hier zurecht zu finden.

Seit Januar 2021 verstärkt Matthias Heimberg die Führungsriege bei BINDER als Geschäftsführer. Er will Tradition und Innovation miteinander verknüpfen und den Fokus auf mehr Robotertechnik legen. Diverse Roboter sollen künftig einfache Arbeiten übernehmen und so die Mitarbeitenden entlasten.

Matthias Heimberg, Geschäftsführer bei BINDER. Foto: BINDER

Schmunzelnd verrät Matthias Heimberg, dass er sich nach gut einem Jahr manchmal immer noch verläuft. Dafür kennt er die einzelnen Namen der Mitarbeitenden und das sind immerhin 270. Das Besondere, bei BINDER duzen sich alle, das förmliche, steife Sie, ist abgeschafft. Die 112-jährige Geschichte des Unternehmens hat gelehrt, auf die MitarbeiterInnen kommt es an, und deshalb ist man um deren Wohlergehen auch besonders bemüht. Regelmäßig finden kleine Events oder Ausflüge statt, die das Teamwork stärken. Daneben wird auch ein gefördertes E-Bike-Leasing angeboten.

In der Montage ist Laura zu Gange. Jeder Handgriff sitzt. Matthias Heimberg grüßt die Italienerin fröhlich. Bei BINDER ist Laura inzwischen ein echtes Urgestein. Seit 22 Jahren hält sie dem Unternehmen jetzt schon die Treue. Seit sechs Jahren ist sie Abteilungsleiterin für den Bereich Montage und gehört damit zu den 35 % weiblicher Führungskräfte. „BINDER ist meine zweite Familie, ich bin hier gerne und freue mich wirklich jeden Tag auf die Arbeit. Wenn das nicht so wäre, hätte ich mir längst was anderes gesucht.“ Die Worte kommen sehr überzeugend über ihre Lippen.

Laura arbeitet schon seit 22 Jahren bei BINDER und gehört inzwischen zu den 35 % weiblicher Führungskräfte. Foto: BINDER

Im Nebengebäude arbeitet Maria. Sie kennt sich aus, wenn es um die Poliertrommeln geht. Gekonnt fischt sie ein Paar Creolen heraus. Ein Einzelauftrag. Wie sie das Unikat so schnell unter den tausenden, schwarzen, kleinen Polierkugeln finden konnte ist beeindruckend. „Das ist mein Geheimnis“, meint Maria mit einem strahlenden Grinsen im Gesicht. Auch ihr merkt man die Freude an der Arbeit an.

Maria, hat das Sagen, wenn es um die Poliertrommeln geht. Foto: BINDER

Nick Binder erzählt, dass längst nicht alle Ketten makellos poliert werden. Für den sogenannten Used-Look werden die Ketten auch manchmal mit Schrauben und Muttern in eine Trommel gepackt und somit bewusst vermackt.

Schon als kleiner Junge war er in diesen Hallen unterwegs. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie früher im Innenhof zwei Schäferhunde herumliefen. Die waren quasi Teil des Sicherheitskonzeptes.“ Und dann taucht noch eine Erinnerung auf, der kleine Nick beim Ketten zählen. „Meine Urgroßmutter und ich – sie war damals stolze 90 Jahre alt und ich gerade mal sieben Jahre alt – wir beide haben früher öfters zusammen Ketten gezählt. Heute bin ich sicher, dass man uns wahrscheinlich einfach nur eine Beschäftigung gegeben hat. Gerade bei den ganz feinen Ketten war das mit dem Zählen aber gar nicht so einfach. War man mal kurz abgelenkt, konnte man wieder von vorne anfangen. Ketten entknoten war auch so eine Sache.“ Heute, und das ist nicht von der Hand zu weisen, hat Nick Binder definitiv eine wichtige Aufgabe. Im Zuge von Social Media, E-Commerce und Digitalisierung will er für frischen Wind in der Unternehmenskommunikation sorgen. „Ich finde es klasse, für so schöne Produkte wie Schmuckketten arbeiten zu dürfen. Ein guter Grund, jeden Tag zur Arbeit zu gehen. Im Marketing passiert gerade auch sehr viel. Es macht Spaß, den Bereich aufzubauen und zu entwickeln. Das Online-Geschäft, aber auch Influencer:innen, sind für uns natürlich interessante Absatzmärkte. Da passiert wahrscheinlich mehr, als man sich vorstellen kann. Da werden wir uns auch noch mehr drauf einstellen. Für Videos auf Tik-Tok sind wir jedoch zu alt“, meint er augenzwinkernd.

Im Sinne der Zukunftsstrategie baut BINDER gerade eine neue Abteilung auf. Sie soll sich künftig um Innovationen und Produktentwicklungen kümmern. 2021 feierte BINDER sein 111-jähriges Jubiläum. Die spektakuläre Jubiläumskollektion „concept 111“ entstand unter der Leitung von Schmuckdesignerin Katharina Heubach. Mehr Infos erhalten Sie unter dem folgenden Link:

Im Interview mit der Goldschmiede Zeitung sagte Nick Binder über „concept 111“: „Wir sind mit den spektakulären, komplexen Stücken der präsentierten Designer:innen an die Grenzen unserer Herstellungstechnik gegangen, um zu zeigen, was jenseits der Standards alles möglich ist.“

FRIEDRICH BINDER GMBH & CO. KG

Leonberger Strasse 34
71297 Mönsheim

Telefon: +49 7044-22-0

Website: www.binder-fbm.de
E-Mail: info@binder-fbm.de

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Aufgewickelter Draht. Foto: BINDER
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Kettenlade. Foto: BINDER
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Die Ketten werden gewaschen. Foto: BINDER
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Registerkarten. Foto: BINDER
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